Zeitmaschine Ajanta

Ajanta – „In der Mitte von Nirgendwo“, wie ein Soldat der East India Company 1819 schrieb, tat sich unerwartet ein gewaltiger, hufeisenförmiger Canyon auf. In dessen nördlichen Uferwand konnten die Männer zwischen den Bäumen eine hausähnliche Fassade auszumachen.

Die Gruppe Soldaten war auf der Jagd von einem einheimischen Führer zu den „Tigerhöhlen“ bei Ajanta geführt worden. Damit hatte die Welt eine archäologische Sensation mehr und eine Zeitmaschine, die den Besucher in die Zeit um das Jahr Null beamt.
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reise-ansichten Ajanta Höhlen
Blick vom Viewpoint

 

Die erste der 29 buddhistischen Höhlen wurde ungefähr 250 vor Christus in den Fels geschlagen, die letzte Höhle im 7. Jahrhundert nach Christus. Bereits im 8. Jahrhundert waren die Höhlen wohl vergessen und überstanden so alle Bilderstürme und Kriege unbeschadet.
Frühmorgens sind wir an dem Punkt, wo auch die Soldaten 1819 standen, dem Viewpoint. Keine menschengemachten Geräusche sind zu hören, nur Vogelstimmen und Affengrunzen hallen leise durch die Luft. Der Blick geht weit über die Ebene, die Höhleneingänge und das Flussbett tief unter uns. Die Magie des Ortes ist spürbar und die Entscheidung hier die Tempel- und Klosterhöhlen zu bauen sehr verständlich.
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reise-ansichten Ajanta Buddha
Höhle mit Stupa im Hintergrund, davor eine Buddhafigur in seltener westlicher Sitzhaltung
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Unsere Besichtigung beginnt mit den ältesten Höhlen 9 und 10. Die Fassadengestaltung gibt Elemente der damaligen Holzhäuser wieder, bis hin zu den Balkenenden des Dachstuhls. Innen tut sich ein kirchenähnlicher Raum auf und hier lehne ich mich aus dem Fenster, die Vorlage aller klassischen Kirchenbauten, denn die christliche Kirche gab es 200 vor Christus natürlich noch nicht. Ein langgestrecktes Hauptschiff endet mit einer runden Apsis, Säulenreihen trennen die Seitenschiffe ab. In der Mitte der Apsis steht die runde Stupa, das heiligste Symbol eines frühen buddhistischen Tempels.
Eine wirkliche Sensation sind die Malereien an Wänden, Säulen und Decken in vielen Tempeln. Obwohl nach 1819 stark beschädigt, bin ich zutiefst dankbar einen Blick auf das haben zu können, was Steinmetzen und Maler vor knapp 2000 Jahren mit Hand und Herz geschaffen haben. Wo in der Welt kann der Betrachter sich noch in einer solch gut erhaltenen Zeitmaschine fühlen wie in Ajanta?
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reise-ansichten Ajanta Malerei
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Doch warum machten sich die Baumeister Ihrer Zeit diese unglaublich mühsame Arbeit, Höhlen wie Gebäude aus dem Fels zu schlagen, dessen Gipfel sicher der Kailasa Tempel im benachbarten Ellora mit den Ausmassen in beinahe Fußballfeldgröße darstellt? Geschätzte 400.000 Kubikmeter Fels wurden dabei mit Hammer, Meißel und Brechstange abgetragen. Warum wurden die Tempel nicht aus Steinen aufgebaut? Glaube versetzt Berge?
Der Buddhismus erachtet materiellen Besitz als hinderlich auf dem Weg zur Erlösung, weil er eine Bindung an die „Scheinwelt“ (unsere sichtbare und erlebbare Welt) darstellt, die den Blick auf die unsichtbare Wahrheit dahinter verstellt. In der Frühzeit des Buddhismus genügte den Mönchen eine Hütte oder eine natürliche Felsgrotte für die Zeit des Monsuns.
Nun konnte der damalige Herrscher und Initiator Ajantas, Ashoka, natürlich keine armseligen Hütten stiften. So begann in Indien die Felsbaukunst und folgte einer rund 1000-jährigen Epoche, aus der keine Bauten überliefert sind, weil auch Paläste und Tempel aus vergänglichem Holz oder Lehm bestanden.
Reiseblog Tips zu Ajanta
  • Einfache Hotels liegen in Fadapur, von dort aus sind es gut 2 km zum Ajanta-T-Junction, von wo aus Busse die letzten 4 km bis zum Eingang Ajantas fahren. Man kann die gesamte Strecke aber auch gut zu Fuss gehen.
  • Die Anlage öffnet erst um 9 Uhr morgens, der Viewpoint ist hingegen frei zugänglich. Wer um 9 Uhr an der Kasse ist (Eintritt 250 Rupien) hat die ersten Tempel noch für sich allein.
  • Wer zum Sonnenaufgang zum Viewpoint möchte, kann sich für 1000 Rupien (in einem weitem Bogen, ca. 30 km) im Auto hinfahren lassen. Von dort aus geht man einen gut ausgebauten Weg in die Schlucht hinunter und am Fluss rechts herum zum Kassenbereich bei Höhle 1.
    Alternativ sollte es aber auch möglich sein, frühmorgens vom Kassenbereich zu Fuss am abgesperrten Ajanta Gelände vorbei zum Viewpoint zu gehen um die teure Autofahrt zu sparen. Ein Satellitenbild von Google gibt hier Hilfestellung.
  • Unbedingt eine Taschenlampe mitbringen, die Ausleuchtung der Höhlen ist teils sehr mäßig.
  • Die optisch beste Reisezeit ist wahrscheinlich Juli bis September, dann ist alles grün und der Fluss mit Wasserfall beeindruckend. Ab Oktober fällt der Fluss trocken und die Landschaft wird wüstenartig. Aber es ist auch nicht mehr so heiss und schwül…

 

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