Rätselhaftes Mamallapuram

Entspanntes Backpackerleben am Ozean und faszinierende uralte Tempel – beides bietet Mamallapuram in Tamil Nadu. Der südöstlichste Bundesstaat Indiens wird nicht gerade vom internationalen Tourismus überflutet.

Dabei bietet er beispielsweise mit Chennai, Kanchipuram, Auroville, Puducherry und eben Mamallapuram innerhalb eines Radius von nur 50 km Erlebenswertes unterschiedlicher Art.
Wir kamen mit dem Flugzeug aus dem Nordosten Indiens nach Chennai, eine moderne Millionenstadt mit ganz eigenem Charme. Erste und vierte Welt in einer Stadt, aber das ist eine andere Geschichte. Mit dem Local Bus ging es nach Mamallapuram und schon auf der Fahrt ist der Unterschied zum Nordosten unübersehbar – Farben. Wo ganze Dörfer des Nordostens aus naturfarbenen, wunderbar anzuschauenden Lehmhäusern bestehen, die farblich nur vom Grün der Vegetation bereichert werden, sind die Steinhäuser Tamil Nadus farbig. Extrem farbig. Alle denkbaren und erstmal undenkbaren Farbkombinationen sind zu finden und machen süchtig nach immer mehr Farbe. Und Mamallapuram liefert.
.
reise-ansichten Mamallapuram Farben
Mamallapuram – Farborgien des Südens
reise-ansichten Mamallapuram Boote
Fischerboote
Aber Mamallapuram hat noch mehr zu bieten. Vor über 2000 Jahren war es einer der wichtigsten Häfen Indiens, von dem aus auch intensiver Handel mit dem alten Rom betrieben wurde. Der Reichtum der um 400-900 herrschenden Pallavas erlaubte den Bau vieler Tempel, von denen uns einige heute Rätsel aufgeben.
Der bekannteste ist der UNESCO Welterbe Shore Tempel (8. Jahrhundert) am Strand. Als einziger erhaltener Tempel, vermutlich einer ganzen Reihe ähnlicher Anlagen in der Nähe des alten Hafens, diente er möglicherweise auch als Leuchtturm. Noch bis in die 70er Jahre des letzten Jahrhunderts lag er direkt am Strand, das muss ein wirklich zauberhaftes Bild gewesen sein. Unter Indira Gandhi wurden dann als Schutz vor dem Ozean große Felsriegel mit Landaufschüttungen ins Meer gebaut. Als 2004 der gewaltige Tsunami abgeschwächt auch Mamallapuram erreichte, bewährte sich der Schutzwall.
Nur wenige hundert Meter vom Strand entfernt ist eine ganz besondere Felslandschaft zu bewundern. Wie von einem Gletscher poliert liegt ein gut 500 m langer, gewölbter Granithügelzug nackt da, nur von einzelnen, hausgroßen Felsblöcken und einigen Bäumen dekoriert. Hier finden sich kleine, in den Fels geschlagene Tempel und zwei berühmte Reliefbilder in Hausfassadengröße.
Beim Gehen über den Granithügel fallen unsere Blicke immer wieder auf Treppenstufen, die scheinbar vom Nichts ins Nichts führen, dazu Rinnen, imitierende Wegpflasterungen im monolithischen Stein und immer wieder regelmäßige Lochreihen. Die Geschichtsschreibung zuckt dazu etwas ratlos die Schultern, am wahrscheinlichsten erscheint uns noch die Existenz einer alten Stadt auf dem Fels. Vielleicht standen hier über dem Steinboden einstmals Häuser, die Lochreihen nahmen Bambusstreben auf, die Treppen verbanden die Ebenen, wer weiß…
.
reise-ansichten Tempel Mamallapuram
reise-ansichten Mamallapuram 5 Rathas
Drei der fünf Rathas

Das nächste Rätsel sind die fünf Rathas genannten Tempel. Aus dem vollen Granit gemeißelt, stehen fünf unterschiedliche Tempel nebeneinander. Ein Nandi, ein Elefant und ein Löwe bereichern die Gruppe, aber alle drei sind nur bis zu einem gewissen Grad fertiggestellt. Warum?

Die Tempel selbst sind zu klein, um jemals sinnvoll genutzt werden zu können, zudem sind auch sie nicht fertiggestellt und nur zwei haben überhaupt einen Innenraum. Warum???
Auch hier gibt es keine gesicherte Erkenntnis. Immerhin werden die Tempel auf das 7. Jahrhundert datiert, da erscheint uns das entschuldbar. Die häufigste Vermutung ist die eines Architekturwettbewerbes, der die Bauart zukünftiger, großer Tempel klären sollte. Immerhin lassen die Tempel uns heute einen Blick in den Rückspiegel der Geschichte erhaschen. Wie schon bei den Höhlentempeln Ajantas sind eindeutig Dachformen und Holzkonstruktionen zeittypischer Wohnhäuser aus Holz/Bambus/Lehm erkennbar.
Es gibt also noch reichlich Arbeit für die nächste Generation Archäologen und Historiker. Und für die Reisenden bleibt es ein Ort, der Phantasie und Vorstellungskraft anregt. Wie so einige Orte, über die wir in diesem Reiseblog schon geschrieben haben.
.
Reiseblog Tips zur Mamallapuram
  • Der Shore Strandtempel und die fünf Rathas kosten 250 Rupien Eintritt, der Besuch beider Plätze muss dann am selben Tag erfolgen. Die anderen Tempel auf dem Granithügelzug sind kostenfrei zu besichtigen, sind aber von Sonnenuntergang bis Sonnenaufgang verschlossen.
  • Unterkünfte und Restaurants sind auf westliche Touristen eingestellt, es gibt Auswahl in Hülle und Fülle, wenig Touristen und somit keinen Grund vorab zu reservieren. Besonders schön wohnt man direkt am Strand mit Blick auf die farbigen Fischerboote und leider auch einigem Müll.
  • Steinmetzarbeiten haben Tradition in Mamallapuram. Wer an steinernem Freude hat, sollte sich reichlich Freikilos im Gepäck reservieren.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert