Es war wie früher – gefühlt mitten in der Nacht aufstehen, Sachen packen, ab zur Schule.
Unsere Homestay-Familie hat einen Besuch in der Grundschule in Chua Bai Ding organisiert.
Man freut sich auf uns, wir sind erst der vierte ausländische Besuch in dieser ländlich gelegenen Schule in Vietnam. Schon am Schultor werden wir empfangen und zum Lehrerzimmer geleitet. Die versammelte Lehrerschaft sitzt aufgeregt an einem langen Tisch, die Direktorin und die Englischlehrerin begrüßen uns auf das Freundlichste.
Eine gewisse Förmlichkeit, eine Unsicherheit gegenüber dem fremden Besuch und dessen Gründen ist noch spürbar. Wie verabredet, begleiten wir dann die Englischlehrerin in Ihre Klasse und nehmen eine Stunde lang an ihrem Unterricht teil. Auf zwei winzigen Stühlen in der letzten Reihe, deren Dimensionen uns wieder einmal unsere Körpergröße bewusst werden lässt. Schon beim offiziellen Besuchsfoto vorher, überragten wir das ganze Kollegium locker um einen Kopf. Die Kinder sind natürlich ganz aufgeregt und wollen oder sollen mit uns sprechen, sich vorstellen und so ihr Englisch erproben.
Anschließend nimmt der normale Unterricht seinen Lauf.
In Vietnam gibt es eine Schulpflicht vom sechsten Lebensjahr an. Fünf Jahre Primarschule und vier Jahre Sekundarschule sind Pflicht. Danach kann bei bestandener Prüfung die Sekundarschule II bis zum zwölften Schuljahr besucht werden. Diese Schulstufen sind kostenfrei. Die Kinder haben nur vier Stunden Unterricht pro Tag, ab der Sekundarschule allerdings auch am Samstag. Ungefähr zwei Stunden Hausarbeiten am Tag sind üblich.
Prozentual nimmt der Staat für Bildung mehr als doppelt soviel Geld in die Hand als in Deutschland. Hier hat man verstanden, das nur Bildung das Land längerfristig voranbringt und setzt das scheinbar konsequent um.
Das Schulgebäude ist großzügig angelegt, mit einem hufeisenförmigen Grundschnitt. Die Klassenräume mit ihren großen, offenen Fenstern bieten Platz für gut 30 Kinder. Die vier Unterrichtsstunden werden von einer sehr großen Pause geteilt. In dieser sitzen wir mit der Direktorin, der Englischlehrerin und anderen, wechselnden Lehrern vor dem Lehrerzimmer im Freien und das Eis schmilzt. Immer wieder kommen Kinder und wollen ihr Englisch probieren, es herrscht eine sehr entspannte, fast liebevolle Atmosphäre zwischen Lehren und Kindern. Und es ist deutlich spürbar – Zeit ist einfach genug da. Es wird gefragt und geantwortet, gescherzt und schließlich werden zwei Ideen geboren: In der nächsten Stunde versuche ich mich als Englischlehrer. Und am Abend kommt die Direktorin mit Ihrer ältesten Tochter zu uns, sie soll ihr Englisch trainieren.
Es wird eine interessante Stunde für alle, trotz der sehr disziplinierten Kinder ist Lehrersein eine wirklich fordernde Arbeit, wie ich wieder feststellen konnte. Mein Einfall, zum Schluss jedes Kind an seinem Platz in einem Gespräch zu den letzten Vokabeln zu befragen und so zu prüfen, ob nur auswendig gelernt oder die Zusammenhänge verstanden wurden, ist ein Treffer. Der normale Unterricht ist hier streng frontal, wenn auch mit modernen Büchern und Medieneinsatz. Auf unterschiedliche Lernstände wird nicht groß eingegangen. Das sind aber auch die einzigen Kritikpunkte, die uns Laien negativ auffielen.
Um als Englischlehrer arbeiten zu können, müsste ich wohl vorher noch einige Zeit selbst die Schulbank drücken…
Hallo ihr zwei
Das war bestimmt eine aufregende Erfahrung. Die Idee mit dem Englischunterricht finde ich herausragend. Sowas vergisst man nicht.
Liebe Grüße, Carsten
Hallo Carsten,
ja, ich hoffe auch für die Kinder! Ist doch toll, wenn die merken das sie sich verständigen können.
Lieber Gruß,
Peter