Angkor: Geheimnisvolle Gesichter des Bayon

Ein geheimnisvolles Lächeln liegt auf den riesigen Gesichtern des Bayon, dem Haupttempel von Angkor Tom.

Eine besondere Faszination strahlen sie aus; eine Mischung aus uraltem Menschsein und doch seltsam unirdisch wirkend. 200 Gesichter waren es nach Fertigstellung des Tempels im 13. Jhd., die überlebensgroß an Türmen in alle vier Himmelsrichtungen blickten. Einige fehlen heute ganz, einige sind schwer beschädigt, doch auch die verbliebenen machen den Bayon zu einem wohl einzigartigem Erlebnis auf unserer Erde.
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Dieses Lächeln in einer Welt aus Stein lässt mich rätseln, was der Grund ihrer Entstehung war. Drei Annahmen wen sie darstellen sollen kursieren, denn schriftliche Hinweise fehlen bis heute; die Gesichter zeigen den König Jayavarmann VII, den Bodhisattva Lokeshvara oder Schutzgötter hinduistischen Ursprungs.
Ich möchte eine eigene Interpretation versuchen:
Da Jayavarman VII als erster König den Buddhismus offiziell annahm und Angkor Tom als neue Stadt direkt neben Angkor Wat gründete, sind die Gesichter vielleicht auch Ausdruck einer neuen Epoche. Einer Epoche, die den Menschen neben oder vor die Götter stellt. Denn im Buddhismus gibt es bekanntermaßen keinen Gott. Dafür einen architektonischen Ausdruck zu finden, wäre gelungen. Die 4 Stadttore zeigen übrigens die selben Gesichter und tragen so die Formensprache des Staatstempels konsequent nach außen. Auch der runde Grundriss des obersten Turmes des Bayons, des höchsten Heiligtums des Tempels, ist einmalig in Angkor und unterstreicht die humane Bildsprache.
Das geheimnisvolle Lächeln, wie die Gesichter selber, sind sehr ähnlich, aber nicht ganz gleich. Was macht den Unterschied aus? Absicht oder unvermeidbare Toleranz der Steinmetzen?
Wozu bin ich Fotograf! Die Kamera genommen und einige Bilder gemacht, diese in Photoshop genau übereinander gelegt und siehe da: Unabhängig von der Größe der Gesichter ganz klar fast identische Positionen und Größen von Augen, Nase, Mund und Ohren, aber leicht unterschiedliche Ausarbeitung von Konturen und Linien. Meine These; wer derart große Bauten mit einer derart hohen Genauigkeit in Sachen Ausrichtung und Maßhaltigkeit bauen konnte, wird nicht Absichtslos diese Unterschiedlichkeit in der den Tempel am stärksten prägenden Elementen zugelassen haben. Was in der Konsequenz meine Überlegung stützen würde, das Menschliche gegenüber dem Göttlichen zu betonen.
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Jayavarman VII hat fast 40 Jahre regiert, seine enorme Bautätigkeit hat dem Volk sicher viele Opfer abverlangt. Über seinen Sohn und Nachfolger ist wenig bekannt, außer das er den buddhistischen Weg seines Vaters fortsetzte und seine Tempel ausbaute. In seine Regierungszeit fielen Gebietsverluste und vermutlich geriet er unter innenpolitischen Druck. Sein Nachfolger Jayavarman VIII, dem Hinduismus angehörig, löste einen Bildersturm aus, in dem viele buddhistische Darstellungen aus den Tempeln entfernt wurden. Eine große Buddhastatue aus dem Bayon wurde erst 1930 zerstört in einem Brunnen gefunden.
Die Gesichter haben überlebt, vielleicht weil sie recht einfach umgedeutet werden konnten, vielleicht weil sonst der halbe Tempel hätte erneuert werden müssen. Es bleibt im dunklen. Neue Bauten sind von Jayavarman VIII nicht bekannt.

One thought on “Angkor: Geheimnisvolle Gesichter des Bayon”

  1. Die Tempel mit den verschiedensten Gesichtern, immer wieder ein anderer Ausdruck. Ich möchte zu gerne wissen was die Menschen wirklich im Kopf hatten, als sie diese Bauten schufen. Erstaunlich, dass man das alles noch betreten kann.

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